Texte
H.C. Artmann
1. A KENIG FON EGIBTN
A KENEG FON EGIBTN
reit auf an nüüpfead
a keneg von kina
reit auf an drochn
a keneg fon sütboe
reit auf an binguin
und ole drei medranaund glaumd
se san aa scho wea!
i owa mechad
met da kenegin fon sütboe
und met da kenegin fon kina
und met da kenegin
fon unta und owaegibtn
one tamtam
gaunz bescheidn
auf an anzechn leiduach reidn
auf an anzechn leiduach
en des wos ma sim schwäuwaln eanare fotagrafin
en wiolet en rosa en grin
med greizzlschdich einegschdigt hedn
und waun da keneg von egibtn
und da keneg von kina
saumt n keneg fon sütboe
des sechad
daun dreffad s ole drei
da schlog
und ii
i dredad
de eabschoft au!
4. MARIECHEN SASS AUF EINEM STEIN
MARIECHEN SASS AUF EINEM STEIN,
rasierte sich das linke bein,
linke bein.
darauf nahm sie das rechte vor,
o haare schwarz wie trauerflor,
trauerflor.
die haut, die da zum vorschein kam,
die lockt den bruder carl an,
carl an.
mariechen, du hast schöne bein,
ich möcht, daß sie die meinen sein,
meinen sein.
so nimm sie dir, du bruder mein,
am himmel steht der mondenschein,
mondenschein.
das danke dir der liebe gott,
mein messer steckt im butterbrot,
butterbrot.
mariechen, warum weinest du?
ich weine um den zweck der schuh,
zweck der schuh.
mariechen war ein engelein,
bekam ein schönes wägelein,
wägelein.
doch carl war ein teufelein
und sprang herum auf vieren bein,
vieren bein.
7. ES FÄLLT AUS ALTEN BRIEFEN
ES FÄLLT AUS ALTEN BRIEFEN
so manches gilbe wort,
das trägt die graue amsel
in blaue morgen fort.
die diebe auf den dächern
auch nehmen viel mit sich:
die welkende narzisse,
den dünnen abschiedsstrich,
den cognac und die vila,
die traute tändelei,
das ei der reichen meute,
die späte liebelei.
das meiste blieb verschwunden,
nur wenig kam zurück;
in stunden der besinnung
verachtet man das glück.
aus zieren messingdosen
entsteigen blumenfraun;
auf heiden, mooren, moosen
wil ich mein bett aufbaun.
es zittern sonnenringe
der liebsten auf dem leib,
im rummel letzter tage
der genien zeitvertreib.
behüt euch gott, madame,
mich manannán mac lir -
ihr fließt mit eurem schatten
und der delphin mit mir.
ich bin am rhein geboren,
mein nam ist madigan,
Ich säe dunkle lettern
aus hellem äroplan.
8c. REQUIEM VIENNENSE
recordare
jo, des woan hoet fesche zeitn
wia ma no an guidn gschepft haum
schnitzln, schdötzn, brodne antn
hauma mit vöslaua guaglt
jo, des woan hoet fesche zeitn
wo ma duli gschdödn madin
einezwickt haum in die wadln
oda viregricht dei wadln
jo, des woan hoet fesche zeitn
wo noch sel'ge walzer klangen
und der himmel voller geigen
und die geigen walzer sangen
jo, des woan hoet fesche zeitn
wia die zeitn no gnua zeit ghobt
wia die zeitn no gnua zeit ghobt
und der ausgang noch ni weiten…
confutatis
charon, laß dein ruderplätschern
wir, die uns vor zwetschgen bäumen
winden uns vor lethes schäumen
wenn zum aufbruch du uns winkest
lacrimosa
rean rean rean blean blean blean
rean rean rean
blean blean blean
saf und oschn
s nutzt ka woschn
rean rean rean
blean blean blean
benedictus
wer kommt denn da
wer kommt denn da
wei ist doch gleich der namel
den kenn ich doch
den kenn ich doch
des si da neiche schrammel
10. MORGEN FRÜH UM SECHS
MORGEN FRÜH UM SECHS
machen wir auf sex
morgen früh um sieben
geht es an das lieben
morgen früh um acht
wird uns schnaps gebracht
morgen früh um neun
gehts down town hinein
morgen früh um zehn
kann man uns dann sehn
morgen früh um elf
heißts nur mehr myself
morgen früh um zwölf
werden wir wie wölf
morgen früh um eins
gibts weder meins noch deins
morgen früh um zwei
erscheint dei polizei
morgen früh um drei
da regnets stahl und blei
morgen früh um vier
nicht einmal ein bier
morgen früh um fünf
ohne schuh und strümpf
ruhen wir dann aus
in dem leichenhaus
13. noch ana sindflud
noch ana sindflud
san olawäu
de fenztabreln fafäud –
ka fogl singd mea en de bam
und de kefa schwiman en d lokn
med n bauch in da hee..
waun s d an bam beilsd
foen da dropfm aum huad
und en de kino drin
riacht s noch hei- und woefisch
de wos en ole rein xessn san..
noch ana sindflud
san olawäu
de fenztabreln fafäud –
owa mia san ole dasoffm
und kenan s goa nima seng
wia de gaunzn kefa so fakead daheaschwiman
mia kenan s a nima gschbian
wia r uns de owebeildn dropfm
fon de bam aum huad drepfön
uns ged a des gschraa fon de fegl nima r
oo
und unsa nosn riacht nedamoe an
schbenala mea
geschweige den an hei- oda woefisch..
noch ana sindflud
sama r ole medaranaund
saumt de hextn beag
d a s o f f m ...
16. heit bin e ned munta wuan
heit bin e ned munta wuan
wäu ma r unsa bendlua
schdeeblim is..
heit bin e ned munta wuan
und i schlof
und i schlof
und i schlof
und draust da schnee foed ima mea
und de drossln dafrian und de finkn
und de aumschln und d daum aufm doch..
und dea schnee foed ima mea
und ea drad se
und drad se
wia r a fareisz ringlgschbüü
und kumd ma bein fenzta r eine
mocht ma r en bagetbon gaunz weiss fua mein bet
wiad hecha r und hecha fua mein bet
und schdet do und schaud me au
wia r a engl med ana koedn haund..
und i schlof
und i schlof
und i schlof..
heit bin e ned munta wuan
de bendlua schded no ima
und dea schneeane engl schdet doo
und schaut me au wia r e so ausgschdregta doolig
und mei schlof is scho soo diaf
das ma glaaweis und launxaum
winzege schdeandaln aus eis
en de aungbram
zun woxn aufaungan...
2. DER ESKIMO VON LABRADOR
DER ESKIMO VON LABRADOR,
er bohrt sich loch um loch ins eis,
ist heller als der kluge mohr,
aus kühlem naß fischt er die speis.
rund und gefroren ist sein heim,
zur vesper trinkt er lebertran,
kennt weder nagel, holz noch leim,
sein taktstock ist der walroßzahn.
zur kirch bringt ihn ein braver hund,
doch nicht ist immer weihnachtszeit,
die kajakfahrt hält ihn gesund,
wenn es von hohen polstern schneit.
ins kino prescht der eskimo,
das ist auf klarsten frost gebaut,
viel seltner als zum wasserklo,
weil kaum ihm vor der kälte graut.
mitunter singet er ein lied,
begleiten tut ihn seine frau,
das dann wie rauch gen äther flieht;
im norden klingen sänge rauh.
er glaubt an zaubrer und an gott,
sein einzger feind der eisberg ist,
doch niemals an den ozelot,
mit dem er seine kräfte mißt.
5. dea schdrenge hea onkl
befilt rosalien
ein hun apzuschdechn
dea schdrenge hea onkl
befilt rosalien
ein hun apzuschdechn
was rosalien sea
in ia weiches heazz schneidet
rosalie
sogt da hea onkl
schdich ein hun ap
da hea aumzzrod maresch
komt heit auf besuch..
o rosalie
wii wiat dos wean?
weng den bledn hean maresch
muas a weisses hendal schdeam ..
rosalie
sogt da hea onkl
nimm das schdilet
und schleiff es bikobello
auf dem schleiffschdaa —
dos oame dia
es soi ned zu fü leidn!
o rosalie rosalie
o lilie und rosa
wia wiat dos wean?
dea gedaunkn schon alanech
is soo schiach
schon ea gibt deinem gutn heazz
an diaffm schdich!
rosalie
sogt da hea onkl
sei wiff und schneit
dich net in deinen finga -
ich kaun kein bluad net seng!
o rosalie rosalie
dein gutes rosnrotes heazz
wia wiad s dem gee...
rosalie!
schreit da hea onkl
mein freunt da maresch
und ii
sizzn schon im saletl
mit messa und gobl
und haum an risn flamoo!!
o rosalie!! rosi!! sali!!
eea schdixt du dich
in dein eigen herz
oes in des oamen
oamen hendal seinix...
8. REQUIEM VIENNENSE
requiem
ka rua
ka rua
ka rua
gib eana ka rua
leicht eana ham
mid deina latean
daß blean
und rean
in wean
sei ned fäu
aum zenträu
ole bana
unta d schdana
schdeck ins mäu
happ dein deu
ka rua
ka rua
ka rua
gib eana ka rua
leicht eana ham
mid deina latean
daß blean
8d. REQUIEM VIENNENSE
agnus dei
jetzt samma
jetzt samma
jetzt samma aus n schneida und wuaschtln
und wuaschtln
und wuaschtin wieda weida
jetzt samma
jetzt samma
jetzt samma aus n schneida
und wuaschtln
und wuaschtln
und waschtin wieda weida
jetzt samma
jetzt samma
jetzt samma aus n schneida
und wuaschtln
und waschtln
und wuaschtln wieda weida
11. ZUEIGNUNG
lerne was,
so hast du was.
kauf dir drum
ein tintenfass,
füll die Feder
dann darin,
nimm papier,
schärf deinen sinn.
schreibe nicht
ein licht Gedicht,
weiß schreibt nur
der böse wicht.
krauchen solls
durch blut und bein
bis ins herzens
kämmerlein.
14. kindafazara
kölaschdiang kölaschdiang
dreimoe deafst rodn
ans zwa drei
ans zwa drei
wea duatn schded
met da zitrechn haund
met de zitrechn aung
dreimoe deafst rodn
wea duatn hogt
met de zitrechn Aung
met da zitrechn haund
kölaschdiang
kölaschdiang
da ma r an schen graunz flechtn!
ans zwa drei
ans zwa drei
drei glane granzaln
fia drei glane maln
auf da kölaschdiang
met da zitrechn haund
met de zitrechn aung
ans zwa drei..
3. MYLADY mit dem blauen hut
MYLADY mit dem blauen hut,
ich finde sie so äußerst chic,
ihr angewandter silberblick,
der fest auf meinem frischen frackhemd
ruht,
geht mir wie amors pfeil durchs blut.
die jazzband dudelt im savoy,
man tanzt den english waltz, den fox,
im whisky klirren kühl die rocks,
ich hoff, madame, sie bleiben mir doch
treu,
klopf an das stuhlbein, toi, toi, toi!
sie rauben mir perfekt die ruh,
wie klimpern ihre wimpern keck,
madame, ich bin vor liebe weg,
der ober drückt bereits ein auge zu,
mir sinkt das herz bis in die schuh.
ich bin bekannt mit vielen fraun
und mit den meisten kaum per sie,
ein tête à tête, ein vis à vis,
und mir ist auch schon nimmermehr zu
traun,
wenn sie aus schönen augen schaun.
jedoch vor ihnen bin ich scheu,
pardon, ich staune über mich,
das läuft mir förmlich gen den strich,
mir ist das wirklich gar nicht einerlei,
so sie und ich hier im savoy.
mylady mit dem blauen hut,
wie kann den sowas möglich sein,
trotz curaçao, chartreuse und wein
verlier ich plötzlich meinen ganzen mut
vor ihrer blicke heißer glut.
6. GANZ VERSTECKT IN WILDEM WEIN
GANZ VERSTECKT IN WILDEM WEIN
haust des wieners mütterlein,
schneeweiß weht ihr blondes haar,
weil sie nie beim zahnarzt war.
witwe sein voll müh und plag,
ist kein schöner namenstag,
doch ein gärtlein in stadlau
reicht zum trost der alten frau.
dahlien und rosenkohl
düngt sie dort aufs gratewohl,
stets der braten ihr gelingt,
weil sie wiener lieder singt.
kommt der sohn aus london an,
schafft er sich ein gulasch an,
kommt die tochter aus paris,
findet sie die küche mies.
mutter sein ist gar nicht leicht,
weil dabei die zeit entfleicht;
alle kinder fliegen aus,
mütterlein nur bleibt zuhaus.
8b. REQUIEM VIENNENSE
dies irae
saf und oschn
s nutzt ka woschn
graus von hintn
graus von vuan
und an gachn
und an zuan
sacramentum in favilla
dies irae, dies ila
tuba mirum
heite schbün die letztn schrammen
duach die finstan gäng und kuchln
tats die foeschn beißaln scheppan
aus n heampa foen die rammen
duach die luft do saust a biachl
und die buchschdam die foen obe
druckaschwäaz dreibt oes aus d lecha
rotz, di foßt ka doschndiachl!
söbst die äagstn raunza guschn
schmähschdad sans und ohne aufdrog
schdengan do in fleckalbodschn
und haum nix mea zum vaduschn
rex tremendae
kan pardon
kan pardon
zinseszins und wochnlohn
9. WENN DIE HERBSTESNEBEL WALLEN
WENN DIE HERBSTESNEBEL WALLEN
wie ein kleid aus fahler seide,
bäckt die hamstrin ihr getreide,
humphrey hamster zum gefallen.
oh, auch hamster lieben kipfel,
trinken tee aus zarten schalen,
rechnen kopf mit hohen zahlen,
schütteln ihre mützenzipfel.
sparsamkeit, du hehre tugend,
bist dem hausmann goldner orden,
so im süden, so mi norden,
ehrst das alter, zierst die jugend.
wer gen jahresend die speicher
bis zum bersten vol gefüllt hat,
ist fürwahr kein müßger waldschrat,
wird von jahr zu jährchen reicher.
seht, in gehrock und zylinder
steht herr humphrey vor der schwelle,
mißt den wohlstand mit der elle
wie ein vater seine kinder.
12. kawarebeag fotagrafian
med ana kamara
kawarebeag untn
med ana kamara
kawarebeag om
med ana kamara
auffe und owe
med ana kamara
geng an kawarebeag
geng de bamgraxla
geng an kawarebeag
geng de rodn und
d blaun und d göm
und geng d grina
indeanahaumafedan
med ana kamara
auffe und owe und
ume und iware und
ausse und eine und
schif und grod
und linx fabei
und rechz fabei
und rundumadum um s dawanakl und
duach n himö hoch
und duach d höö has
und kawarebeag untn
und kawarebeag omad
med ana kamarakamara
. . . . . .. .
bis das de brenesln
aus n objegtif
aussaschbrizzn!
15. blauboad 2
heit kumst ma ned aus
heit muas a de griang
heit lok a de au wia r a fogal
zu mia hinauf iwa sexaneinzk schdiang
in zima kawinet und kuchl..
heit brenan ma keazzaln
in bumpadn bluad
heit woa r e scho zwaamoe
bein scheanschleiffa duat
dea hod ma de messa frisch gschliffm..
heit schboa r e kan aufwaund
heit wiad opariad
und nochhea kumst owe zun donaukanäu
fon wo de des wossa noch oewan entfiad
und ii – wosch me en finztara unschuid.
.
muang wean s as daun lesn
und duach s radio hean:
schon wida ein madl ferschwuntn in wean! und ii - da blauboad fom brodaschdean
sizz solid in kafee bei an gschdregtn..
doch heite bleibt heit
und do gibt s kan bardaun:
a keazzn a frau und a messa!
en so ana xööschoft do is ma net z draun
do reit me a koischwoazza kefa...!